Run the world: Cappadocia Short Trail

Vergangenes Wochenende war es soweit: Der Cappadocia Short Trail mit 38km und 1100HM erwartete mich. Mein erstes Trailrunningevent seit August 2016. Fast eineinhalb Jahre lang war ich dem Eventzirkus fern geblieben. Zuerst wählte ich eine freiwillige Abstinenz aufgrund einer mentalen Erschöpfung, die mir sämtliche mentale Energie und Lust auf Laufevents (und viele andere Aktivitäten) genommen hatte. Dass ich erkrankt war, wurde mir im Laufe des zweiten Halbjahres 2016 bewußt. Mir war klar, dass ich so nicht mehr in der Lage war, an eine Startlinie zu stehen oder geschweige denn einen Ultra laufen zu können. Und wenn ich die Erkrankung ignorierte, dann würde es immer schlimmer werden…. also entschied ich mich, erstmal zurückzurudern, mich auszuruhen. In der mentalen Komfortzone zu bleiben, da ich im Lebensbereich Beruf diese in den vorangegangenen Monaten und Jahren viel zu oft verlassen musste. Wieder mental auf die Beine zu kommen hatte oberste Priorität in meinem Leben. Mir die entsprechenden mentalen Fähigkeiten anzulernen um nicht mehr in eine Abwärtsspirale zu geraten. Deshalb brauchte ich viel Freiheit und null Druck beim Laufen.

Das Laufen therapierte mich. Allerdings ging das Ganze nicht ohne Kollateralschaden ab: meine linke Achillessehne war meinen mental therapeutischen Maßnahmen nicht gewachsen. Mal ziepte es, mal nicht. Nie wirklich schlimm und nie mit viel Schmerzen. Daher bemerkte und realisierte ich auch nicht, dass sich meine Sehne in aller Ruhe degeneriert hatte und ich Anfang 2018 die Notbremse ziehen musste. Es folgte ein halbes Jahr Verletzungspause. Ich ging schwimmen, ich wurde meine eigene Physiotherapeutin. Radeln war nur bedingt möglich, ebenso spazieren gehen. Dieses halbe Jahr erforderte viel Geduld, Beharrlichkeit und Positivität. Es sind auch viele Tränen geflossen. Ich würde sogar sagen, dass ich in diesem halben Jahr mehr gelernt habe als in den aktiveren davor. Jetzt, heute, fühle ich mich als vollständigere Läuferin wie vor der Verletzungsphase. Es zeigte mir auch, dass ich mental wieder oben und voller Energie bin. Und ich konnte meine physiotherapeutischen Fähigkeiten und Wissen immens steigern 😉

Im Juli konnte ich wieder mit dem Laufen beginnen. Ganz langsam und ganz langsam aufbauend. Da ich unbedingt im Oktober in Ürgüp an der Startlinie des Cappadocia Trail stehen und diesen auch finishen wollte, entschied ich mich dazu, viel Gehen in meine „Laufrunden“ einzubinden, da der Fokus auf Distanz und nicht auf „Laufen am Stück“ lag. Zuerst ging ich mehr als dass ich lief, dann wechselte langsam das Verhältnis zu mehr laufen und weniger gehen. Ebenso ging ich steile Anstiege generell hoch und laufend Höhenmeter sammeln setze ich sehr dosiert ein (Anstiege zu laufen werde ich erst im Winter wieder langsam anfangen und in Wettkämpfen gehe ich eh meistens die Anstiege um Energie zu sparen). Mein gesamter Laufapparat und Kondition musste sich ja eh wieder langsam an die Belastungen gewöhnen. Ich kam fast Zipperleinfrei durch die Vorbereitungsphase. Im rechten Oberschenkel ist die Muskulatur etwas verhärtet, da ich unbewußt beim Laufen den linken Fuß entlaste. Und die Rekonvaleszenz der Achillessehne ist noch nicht komplett abgeschlossen (Ich denke, dass dies noch bis zu Ende des Jahres seine Zeit brauchen wird). Das Wichtigste ist jedoch, dass die Heilung trotz oder besser gesagt auf Grund der Belastungsreize mit entsprechend folgender Regeneration voran schreitet.

Und nun aber zum eigentlichen Thema…. der Cappadocia Ultra Trail®. Was für eine geniale, absolut perfekt organisierte Veranstaltung in einer Landschaft, die einzigartig und atemberaubend ist. Nicht überall darf man durch ein UNESCO-Weltkulturerbe seiner sportlichen Leidenschaft nachgehen!

Zunächst die Fakten. Der Cappadocia Ultra Trail® bietet drei Distanzen an: den CUT (Ultra) mit 119km und +3730HM (dieser ist ein Rennen der Ultra Trail® World Tour), der CMT (Medium) mit 63km und +2030HM und der CST (Short) mit 38km und +1120HM. Für alle gibt es UTMB® Punkte, der CUT ist zugleich auch ein Qualifier für den Western States Endurance Run. Start und Ziel für alle von der ITRA zertifizierten Distanzen ist Ürgüp in der Provinz Neveshir in Kappadokien, Türkei.

Es nahmen 75 Nationen an dem Event teil, davon viele LäuferInnen aus Ländern, mit denen man im westlichen europäischen Raum nicht gemeinsam die Trails der Welt teilen kann. Iran, Irak, Libanon, Kirgistan, Tadschikistan, Jordanien – um nur einige zu nennen. Und all diese Menschen verbindet die Leidenschaft am Trailrunning. Es gab beim Cappadocia Ultra Trail® keine religiöse, politische oder kulturelle Hindernisse. Alle Teilnehmer waren gleich. Alle Teilnehmer freuten sich an dem, was sie taten und genossen die Trails, die einzigartige Landschaft und das Leiden in vollen Zügen. So „ganzweltlich“ international habe ich das noch nie erlebt. Alleine diese Tatsache, dass hier so viele verschiedene Kulturen mit einer gemeinsamen Freude am ein und dasselbe Tun zusammen kommen hat mich tief berührt und macht für mich auch daher dieses Event zu etwas ganz Besonderen.

Die Veranstaltung an sich ist perfekt organisiert, es fehlte an nichts. Flughafentransfers (in der Anmeldegebühr inbegriffen), Registrierung, Starnummernausgabe, Pflichtausrüstungscheck, Race Briefing, Pasta Party, Finisher Buffet, Verpflegungsstationen – alles war bestens organisiert. Die Markierung der Strecke durchgängig, verlaufen nahezu unmöglich.

Check der Pflichtausrüstung

Start/ Zielgelände ©Brian Black Hodes

Die Laufen in dieser Landschaft ist nur mit den gängigen Superlativen zu benennen. Amazing, awesome, wunderschön, abwechslungsreich, phantasiebeflügelnd. Ich kam mir vor wie in einem Wildwestroman, Indianer und Cowboys. Oder auf einem fremden Planeten in einem Science Fiction Film. Oder doch in Amerika, irgendwo im Grenzgebiet von Utah und Arizona?

Die Schönheit der Landschaft und die abwechlungsreiche Streckenführung durch enge Canyons, Tälern mit bizarren Felsformationen und urtümlichen Ortschaften wie Ortahisar oder Ibrahimpasa, das touristische Göreme (schön, aber total überlaufen), immer wieder schöne Aussichtspunkte ließen sämtliche Strapazen beinahe gänzlich vergessen. Wie im Flug vergingen für mich die 38km und ich wäre auch noch gerne länger unterwegs gewesen, denn meinem Körper ging es gut (die Blessuren am Tag danach fielen weniger heftig aus als erwartet), mein Geist war beflügelt und voller Energie. Trotzdem tat es unheimlich gut, gemeinsam mit Katja nach 06:04 Std. die Ziellinie erfolgreich innerhalb des Timelimits zu überqueren mit der Gewissheit im Herzen, in Zukunft wieder bestens für solche Erlebnisse gewappnet sein zu können!

Hierher komme ich sicher zurück. Der Termin steht bereits mit dem 19.-20. Oktober 2019 für kommendes Jahr fest. Ich liebäugel bereits damit, dort mit dem CMT die Saison abzuschließen. Denn das beste kommt ja bekanntlich immer zum Schluß 🙂

Und nun lasse ich Bilder sprechen (alle können zur Vergrößerung angeklickt werden). Auf der Website des Cappadocia Ultra Trail® gibt es jede Menge an Bildergalerien, zum stöbern und sich in den Bann ziehen lassen 😉

 

Galerie der ersten Kilometer, Abschnitt Ürgüp-Orathisar-Ibrahimpasa. Meine eigenen Bilder entstanden am Tag danach, als wir dort noch einmal spazieren gegangen sind. Am Raceday kam es auf den ersten 4-5 Kilometern immer wieder zu kurzen Staus in den Engpassagen.

Galerie Abschnitt Ibrahimpasa-Göreme-Ürgüp. Die letzten Kilometer der Strecke hatten wir uns am Vortag des Rennens angeschaut.

Chronik am Hohenneuffen II

Der Beitrag platzt mittlerweile aus allen Nähten. Aktualisierungen aufgrund von Neueinträgen, allein das Öffnen des Beitrags dauert eine Ewigkeit und die schiere Datenmenge verstopft sämtliche Leitungen. Daher wird es alle 50 Einträge lang einen neuen Teil der Chronik am Hohenneuffen geben. Selbstverständlich durchnummeriert und verlinkt zu den vorherigen Teilen. (mehr …)

Run the world: Menorca

Stille – viel Stille, ein bisschen Wind. Wälder an der Südküste, Buschland an der Nord- und Ostküste, von Fels geprägte Kargheit im Westen. Unzählige türkisblaue Sandbuchten, welche nur zu Fuß erreichbar sind. Steinmauern mit einer geschätzten Gesamtlänge von 11.000 km, obwohl die Insel gerade mal max. 20km in der Breite und max. 50km in der Länge mißt. Kein dominantes Gebirge, aber so richtig flach ist es auch nirgends wirklich. Der höchste Berg der Insel, der Monte Torro, schlägt mit 362m zu Buche. Da Menorca, die kleine Schwester Mallorcas, lange vergessen und links liegen gelassen blieb, hat sie die oft fragwürdige touristische Entwicklung ihrer großen Schwester verschlafen. Ursprünglichkeit und Naturbelassenheit prägen daher die Insel deutlich und machen sie mit dem 2011 eröffneten Fernwanderweg GR223, der Cami des Cavalls (der „Pferdeweg“), zu einer Perle für Trailrunner. (mehr …)

Im Wanderfieber auf dem Rössleweg

Der Rössleweg ist ein Rundwanderweg, welcher auf einer Gesamtlänge von 54k einmal komplett die Landeshauptstadt Stuttgart umrundet. Wälder im Westen und Weinberge im Osten gepaart mit kurzen urbanen Abschnitten prägen den Weg. Unter den lokalen Ultraläufern ist der Rössleweg eine beliebte Trainingsrunde. (mehr …)